Woher das Haus zur Hoffnung seinen Namen hat, weiss man nicht. Offen ist auch, wie alt das Haus ist, wer der Erbauer war, und ob es von Beginn weg den Namen trug. Letzteres ist allerdings anzunehmen, brauchte man doch vor der Einführung von Strassennamen und Strassennummern eindeutige Hausnamen, die man nicht ohne wichtigen Grund wechselte. Ortshistoriker Emil Stauber bezeichnet das Haus als «ehemaligen Landsitz» (eines Zürcher Burgers), zu dem – teils als Lehenhaus – auch das nahe Haus zum «Leh» gehörte.
Das Haus zur Hoffnung hat der Hoffnungsstrasse seinen Namen gegeben, und es ist auch von seinen Bewohnern her ein spezielles Haus – d.h. eben: eigentlich waren es zwei Häuser, denn am Kopf der heutigen Hoffnungsstrasse zur Kilchbergstrasse hin standen lange Zeit zwei Häuser, das «Haus zur Hoffnung», und der Hof «Im Lee». Sie bildeten lange Zeit einen Besitz, der landwirtschaftlich fast die ganze Seeseite der Kilchbergstrasse umfasste (damals Landstrasse). Lange Zeit gehörte zu diesem Terrain auch das um 1775 erbaute «Bürgli».
Haus zur Hoffnung. Hoffnungsstrasse 7, Wollishofen. 1991. Fotograf Erwin Küenzi.
Baugeschichtliches Archiv Zürich.
Stauber hat die Besitzergeschichte des Anwesens «Zur Hoffnung» seit Ende des 17. Jahrhunderts studiert und schreibt dazu: «1682 ging das Heimwesen an Leutnant Wolf in Zürich über. 1702 stand es im Besitze des Fraumünster-Amtmanns Hans Heinrich Usteri, der 1697 bei der Erbteilung (seine Gattin Margaretha Hausheer stammte von Wollishofen) hier Güter erhalten hatte. (An den Kirchenbau steuerte er 200 Pfund bei.) Das Heimwesen wurde von einem Lehenmann im ‚Leh‘ beworben, während der Besitzer öfters für kürzere und längere Zeit im Landhaus wohnte, wo er 1724 starb.» Damit waren also mehrere städtische Besitzer in der frühen Neuzeit für die Hoffnung und das Lee zuständig. Diese Tradition wurde mit dem Verkauf an einen Wollishofer, Hans Rudolf Hausheer, aufgegeben. Dieser Zweig der weitverzweigten Hausheer-Verwandtschaft war eine reiche und ehrbare Familie, womit der Status als feudaler Wohnsitz wohl erhalten blieb.
Im Jahre 1750 verkaufte die Witwe Hausheer die Häuser Hoffnung und Lee erneut einem Wollishofer – dem Chirurgen Heinrich Huber, den wir vom Blog ÄRZTE her kennen. Huber verkaufte das Besitztum 1758 seinem Berufskollegen Heinrich Näf, Sohn des Untervogts Näf von Hausen. Näf praktizierte erfolgreich, verkaufte indessen bald das ‚Im Lee‘ mit Gütern an den Wollishofer Wilhelm Hausheer. Heinrich Näf, geboren 1725, starb bereits 1774, noch nicht 50jährig. Nach seinem Tod blieb das Heimwesen aber im Besitz der Familie, noch auf dem «Geometrischen Plan» von 1785 sind die Reben beim Haus «zur Hoffnung» auf der Seeseite mit «Dr. Näfen Gut» angeschrieben.
Der frühe Tod des Vaters brachte die Familie offensichtlich aus dem Tritt. Bekannt ist, dass die älteste Tochter Anna Dorothea 1775, also im Jahr nach dem Tod des Vaters, das dem «Mstr. Rudolf Obermann, dem Spengeler» gegebene Eheversprechen zurücknahm und deshalb vom Ehegericht zu 250 Gulden «Indemnisation» – Vergütung bzw. Schadensersatz – verurteilt wurde. Als sie diese Entscheidung beim Rat von Zürich anfocht, wurde die erstinstanzliche Entscheidung geschützt, allerdings die Zahlung auf 150 Gulden reduziert (was immer noch eine hohe Summe war). Und auch Sohn Jakob ging offensichtlich nicht leicht durchs Leben, so wurde er zwar bei der Gründung der Abendgesellschaft als Mitglied aufgenommen, sein Amt als Aktuar versah er aber ungenügend, weshalb er aus der Gesellschaft ausgeschlossen ward (vgl. Blog BÜRGERLICHE ABENDGESELLSCHAFT). Schliesslich ging es der Familie Näf wirtschaftlich nicht mehr gut, man wollte das Haus verkaufen. Doch auch das gelang nicht recht: Zwar ging das Gut «1820 vom Sohne Jakob Näf auf Rudolf Simmler über, bei dessen Konkurs 1836 [fiel] das Gut an Frau Juditha Näf-Zeller [die Mutter] zurück».*
Nach der Familie Näf war von 1843-1873 Jakob Hausheer Besitzer, dann der Seidenfärber Ferdinand Zeller. Von dessen Sohn Jakob Christof Zeller ging es via Tochter Anna Wilhelmina zum Seidenfabrikanten Karl Gustav Henneberg, den wir von der Roten Fabrik her kennen. Schliesslich kaufte es 1887 Adolf Keller, Schuhmacher, der Vater von Walter Alvares Keller, dem Autor des «weissen Mantelsaums» (vgl. gleichnamigen Blog).
Haus zum Lee. Kilchbergstrasse 37. 1931. Tiefbauamt Zürich. Baugeschichtliches Archiv Zürich.
Unser Gewährsmann des frühen 20. Jahrhunderts, Conrad Escher, hatte das Gebiet schon vor Stauber besucht – und Stauber hat von Eschers Recherchen sicher auch für seine Ortsgeschichte profitiert. Für uns ist Escher interessant, weil er neben der Besitzergeschichte einige Gedanken zum Begriff «Lee» beisteuert und auch Einblick gibt in das Schicksal dieses zentrumsnahen Bauernlandes kurz nach der Eingemeindung. Gemäss Escher bedeutet «Lee» eine «geschützte Lage eines Ortes; also Windstille, gegen Süden gerichtete, für den Weinbau geeignete Lage. Wir müssen also annehmen. daß der dort wachsende Wein zu den besten Wollishofern gehöre. […] Die Gegend des "Lee" ist die erste Terrasse über dem Zürichsee und ein nicht sehr breiter Boden, der gegen den Uetliberg durch den Höhenzug der "Egg" begrenzt wird; gegen die Stadt Zürich hin reicht derselbe bis zur Kirche, wo das Terrain plötzlich schroff abfällt.»
Schliesslich kommt Escher auf ein Projekt zu sprechen, das die Stadt Zürich in Wollishofen realisieren wollte: den Bau eines Waisenhauses. Er schreibt: «Es ist nun, wie wir vernehmen, ernstlich davon die Rede, auf diesem Gebiet etwa westlich von den Häusern zum "Lee" und zur "Hoffnung" eines der projektierten kleinen städtischen Waisenhäuser zu bauen.» Wir Nachgeborene wissen es: Das Waisenhaus wurde schliesslich nicht dort gebaut, sondern an der Frohalpstrasse, Ecke Butzenstrasse (wo das Haus heute noch steht bzw. soeben aufwendig restauriert wurde). Für Escher war es aber gerade umgekehrt. Er nennt alle drei Orte, die in Frage kommen könnten, neben dem Lee auch die Liegenschaft «zum Tannenrauch» oder eben auf dem Berg «zur Frohalp». Und er meint, dass nur die beiden erstgenannten, «nicht aber der dritte» in Frage kämen. Denn nur sie «würden dazu beitragen, Wollishofen noch mehr, als es bisher der Fall war, an die Stadt zu attachieren, und in seinen Bewohnern das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit unserem Gemeinwesen noch lebendiger werden zu lassen.» Escher war bei seinem Gang durch Wollishofen 1906 die ablehnende Haltung der Gemeinde 1891 also noch bewusst, und er konnte es nicht anders sehen als dass der Bau eines Waisenhauses in Wollishofen durch die Stadt ein Geschenk für die Wollishofer sein würde, das Entschädigung für den erlittenen Zwang der Eingemeindung sein könnte. Naja.
Das Haus «Im Lee» wurde in den 1930er Jahren abgebrochen, das Haus «Zur Hoffnung» konnte erhalten bleiben und wurde Ende der 1980er Jahren schön renoviert. Es steht unter Denkmalschutz - man beachte die am Haus angebrachte blaue Tafel!
(SB)
*Zitate aus Emil Stauber, S. 59f. Informationen auch aus Ratsmanualen des Staatsarchivs sowie den Protokollen der Lesegesellschaft.
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