An der Rainstrasse gibt es so etwas wie einen verwunschenen Garten. Er ist nicht gross, doch gibt es einiges zu entdecken. Über lange Jahre wohnte eine Künstlerin im Haus, sie hat hier Spuren hinterlassen. Es gibt mehrere Skulpturen, teils in Bronze, teils aus Stein, die den Garten strukturieren. Das ist selten in Wollishofen. Ich habe mich der Künstlerin angenähert. Sie heisst bzw. sie hiess: Susi Guggenheim, geborene Weil.
Das Werk von Susi Guggenheim-Weil ist riesig. Natürlich sind im Garten nur einige wenige Skulpturen, der ganz grosse Rest ist entweder bei den Kindern von Susi, bei seinerzeitigen Käufern, oder im Nachlass, der im Güterbahnhof eine Bleibe gefunden hat. Sohn Edi* hat mir geholfen beim Aufspüren der für mich richtigen Objekte. Diese sollen einen Bezug zu mir herstellen können, und bestenfalls gibt es auch noch einen Bezug zu unserem Quartier Wollishofen. Denn: Nachdem Susi Weil den Arzt Milton Guggenheim geheiratet hatte, wohnte das Paar zunächst anderswo, bis man 1960 das Haus an der Rainstrasse erstand und mit den Kindern dahin zügelte.
Viele Skulpturen sind abstrakt. Dabei reagiert die Form auf das Material, auf einen schönen Stein, oft witzig, mit einer schönen überraschenden Idee für den Betrachter. Einige Werke sind aber auch sehr konkret, und geben so eine direkte Aussage, etwa wenn eine Frau uns mit erhobenen Armen entgegentritt. Das ist sehr ausdrucksstark, es ist auch eine starke Frau. Die Frau mit den Händen zum Himmel stand lange Zeit im Garten. Heute ist sie leider ausgezogen.
Susi Guggenheim-Weil. Skulptur im Garten an der Rainstrasse (im April 2023).
Das folgende wunderschöne Bild hat einen direkten Bezug zu Wollishofen. Es ist nicht nur hier gemalt, sondern zeigt auch einen Teil von Wollishofen. Es ist in Oel gemalt, vom 2. Stock des Hauses Rainstrasse aus aufgenommen, im Hintergrund ist die Hügelkuppe der Bellariastrasse zu sehen.
Susi Guggenheim-Weil. Ohne Titel (Blick vom Fenster Rainstrasse 86 gegen Osten).
Oelmalerei. 1965. Privatbesitz.
Sehr breit und umfassend ist das grafische Werk von Susi Guggenheim-Weil. Mir als künstlerischem Dilettanten gefällt diese Breite ihres grafischen Oevres sehr gut! Es sind teils schnelle Skizzen, hingeworfen, nur mit einer Geste verfasst, aber auch minutiös gestaltete Bilder, oft in mehreren Fassungen erarbeitet. Aus der grossen Fülle habe ich ein Werk gewählt, das zwar keinen direkten Bezug zu Wollishofen hat, aber sozusagen über Wollishofen thront: ein farbiges Blatt mit dem Uto Kulm samt dem alten Aussichtsturm. Mich erinnert das Bild sehr an Paris, an Lebenslust und Freude. Es gäbe auch noch andere Bilder, zum Beispiel eines, das wohl einen Bezug zu ihrem Ehemann hat. Titel: im Wartezimmer…
Susi Guggenheim-Weil. Uto-Kulm mit Turm. Farbige Grafik.1989. Privatbesitz.
Susi Weil wurde 1921 geboren, aufgewachsen in der Enge. Nach ihrer Mittelschulzeit studierte sie in der Fachklasse für Grafik an der Kunstgewerbeschule in Zürich (heute ZHdK). Sie war Malerin, Grafikerin, Bildhauerin. Sie konnte viele Gruppen- und Einzelausstellungen realisieren, hatte öffentliche Aufträge (etwa den Denkstein im jüdischen Friedhof oberer Friesenberg in Zürich, oder eine Brunnenanlage in der Stadt Zürich). Sie verstarb 2005 in Zollikon.
(SB)
* Mit bestem Dank an Edi!
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