Wollishofen ist ein klassisches Wohnquartier – auch für ältere Menschen. Es gibt viele Einrichtungen für ältere und alte Menschen – die oft auch jüngeren offenstehen. Darunter befinden sich städtische Institutionen ebenso wie private. Und viele ältere Wollishoferinnen und Wollishofer dürfen und können auch noch in den eigenen vier Wänden leben.
Eindrücklich und gut bekannt sind die beiden grossen Alterswohnheime Studacker und Tannenrauch, das erstere beim Wollishoferplatz, das zweitere im Areal Möösli (an der Ecke Möösli-/Tannenrauchstrasse). Die beiden gehören dem Verein für «Altersgerechtes Wohnen Wollishofen», der seit 1962 existiert. Dieser Verein ist sehr aktiv und betreibt auch weitere Wohngelegenheiten für ältere Menschen. Wichtig ist auch das Alterszentrum Kalchbühl: es ist gross und gehört der Stadt Zürich (siehe Blogbeitrag Kalchbühl). Auch im «Entlisberg» an der Paradiesstrasse gibt es diverse Angebote, darunter auch Alterswohnen, zudem besondere Dienste wie Tagesstrukturen und Memory-Training. Bekannt sind auch das private Alterswohnheim der Tertianum-Gruppe, das «Etzelgut», sowie das Altersheim für ältere Männer der Heinrich Ernst Stiftung an der Morgentalstrasse 90.
Philanthropie und Gemeinnützigkeit
Generell sind soziale Einrichtungen heute meistens öffentlich, als Teil des Sozialstaates, oder privat, in der Regel errichtet und teils auch finanziert durch gemeinnützige Stiftungen oder philanthropische Konstellationen. Auch kirchliche Kreise spielten und spielen oft eine wichtige Rolle bei der Errichtung und dem Betrieb solcher Institutionen. In Wollishofen etwa wurde der Verein «Altersgerechtes Wohnen Wollishofen» 1962 von Exponenten der reformierten Kirche gegründet, im Vordergrund stand etwa Pfarrer Karl Maurer, 1902-1997, der 1939 als Nachfolger des Wollishofer Pfarrers und Präsident des Kirchenrates Johann Rudolf Hauri als Pfarrer in Wollishofen gewählt worden war. Er galt als beherzte Figur, der sich sozial stark engagierte. Weitere Gründungsmitglieder waren Agnes Farner, Nelly Mäder, Dr. Margrit Schlatter, Dr. H.U. Bosshard, Hans Leemann, Otmar Müller, Rudolf Ritschard, Hans Schürch, André Walder und Bernhard Wieser.
Dieser Verein ist heute der wohl wichtigste «Player» in Fragen des Alters in Wollishofen. Obwohl aus reformierten Kreisen gegründet, spielen bei der Aufnahme der Bewohnerinnen und Bewohner konfessionelle Fragen kaum mehr eine Rolle. Den Institutionen des Vereins ist aber der Quartierbezug wichtig. Fast alle, die heute in den Heimen Studacker und Tannenrauch sowie in den Häusern Stangerhaus (Etzelstrasse 22), Berta-Ziegler-Haus (Mutschellenstrasse 178) und Huber-Häsler-Haus (Lettenholzstrasse 9) leben, haben enge Verbindungen mit dem Quartier. Sie leben seit langem im Quartier oder sind sogenannte «Rückkehrer», also vor allem Menschen, die in Wollishofen aufwuchsen und ihren Lebensabend wieder hier verbringen wollen.
Die erste grosse Tat des Vereins war die Errichtung des Alterswohnheims Studacker. Nach der Gründung des Vereins wurde sofort mit der Planung und der Beschaffung der Finanzen begonnen. Chef der Baukommission war Rudolf Ritschard, ein diplomierter Baumeister und Generaldirektor der Baufirma Baur&Co., der in der Siedlung Im Hummel wohnte. Ritschard war die treibende Kraft der Erstellung. Die Grundsteinlegung erfolgte 1968, eröffnet wurde das Werk des Architekten Markus Maurer 1970 (Sohn des Pfarrers Karl Maurer).* Das Gebäude beherbergte auch eine Poststelle – damals lautete die Devise der Post noch: «so nahe wie möglich bei den Leuten»: Zürich-Kalchbühl (8060).
Studacher (Ostseite). 1970. Sammlung MZ.
Auch die Finanzierung war ein grosser Erfolg und zeigte, wie allgemein das Bedürfnis war, älteren Wollishoferinnen und Wollishofern ein gutes Alter im angestammten Quartier zu ermöglichen. Ein offener Aufruf brachte ein schönes Resultat, wohl auch deshalb, weil eine grosse Wohltäterin und Gönnerin in der Person von Berta Ziegler gefunden werden konnte. Anlässlich der Eröffnungsfeier des Studackers fasste es die Tageszeitung «Die Tat» so zusammen: «Die Initiative fand ein überwältigendes Echo in der Bevölkerung. Die sehr erfolgreiche Sammeltätigkeit wurde gekrönt durch eine Stiftung von Frl. Berta Ziegler, aus der eine Million Franken an die Baukosten ausgeschüttet wurden.» Und gemäss der katholischen NZN half auch die Stadt Zürich mit, das Werk zu vollenden. Einmal war da das Baurecht sowie der sehr anständige Baurechtszins, zusätzlich erhielt der Verein ein unverzinsliches Darlehen über 2.5 Millionen Franken von der Stadt! (Beide Zitate in den Ausgaben vom 25.7.1970.)
«Spendenkönigin» des Vereins war also «Frl. Berta Ziegler». Ohne ihre Unterstützung wäre der Aufbau des Angebots an betreuten und unbetreuten Altersplätzen in Wollishofen vielleicht gar nicht, auf jeden Fall langsamer vonstatten gegangen. Da stellt sich die Frage nach der Person von Frl. Ziegler: Als Tochter des letzten männlichen Vertreters der bekannten und vermögenden Familie Ziegler vom Pelikan – der Vater war u.a. Spinnereibesitzer der Fabrik im Manegg – war Berta Erbin eines grossen Vermögens, das sie als ledige Frau mit bescheidenem Auftreten kaum antastete, und eben im Sinne der Philanthropie verschenkte. Eine spezielle Beziehung zu Wollishofen ist ohne weitere Unterlagen nicht feststellbar – sie wuchs an der Pelikanstrasse auf und wohnte später an der Moussonstrasse in Fluntern –, doch dürfte der gemeinnützige und konfessionelle Hintergrund des Vereins eine wichtige Rolle gespielt haben.
Einstige Zieglerstube im Studacker. Eingerichtet zu Ehren der Familie Ziegler und der Donatorin Berta Ziegler, 1887-1980, letzte Vertreterin der Familie Ziegler zum Pelikan.
Foto H. Alder, in G. Risch, S. 728*.
Noch ein Bild vom neuen Studacker-Bau - weil die Architektur so frisch aussieht! Sammlung MZ.
Altersheim für Männer
Von den übrigen Alterseinrichtungen möchte ich noch speziell auf das Altersheim Frohalp der Heinrich-Ernst-Stiftung hinweisen, das sich seit 1969 an der Morgentalstrasse 90 befindet. Es bietet heute in 24 Zimmern älteren Männern ein betreutes Zuhause. Auch diese Einrichtung wurde durch die philanthropische Gesinnung eines erfolgreichen Kaufmanns ermöglicht. Dies war Johann Heinrich Ernst, 1840–1899, der kurz vor seinem Ende ein Legat für den Betrieb «eines Greisenasyls, wo altersschwache alleinstehende Männer ein freundliches Heim und eine gute Pflege finden sollten» vermachte.** Nach einer längeren Odyssee der Institution durch die Quartiere Zürichs fand man Ende 1960er Jahre ein definitives Daheim am Ausläufer des Entlisberges in Wollishofen. Interessant ist, dass auch der legendäre Stadtpräsident «Stapi» Emil Landolt in jungen Jahren im Vorstand mitwirkte (1944-49). Mir persönlich ist die Institution sehr nahe, freue ich mich doch täglich an der Einrichtung und am schönen Ambiente, indem ich mit unserem Hund Miles beim Spaziergang um den Friedhof an der Schlittelwiese und dem Altersheim vorbeikomme und oft mit Bewohnern in Kontakt komme!
Altersheim Frohalp der Heinrich-Ernst-Stiftung. 2024. Foto SB.
(SB)
* Vgl. G. Risch. Das reformierte Altersheim Studacker in Zürich-Wollishofen: Architekten SIA Theo Landis und Markus Maurer, Zürich, in: Schweizerische Bauzeitung, Band 88 (1970), S. 723-728.
** Gemäss NZZ vom 29.3.1984, als über eine Erweiterung des Baues berichtet wurde.
PS
Eine klassisch-schöne moderne Architektur besass das private Altersheim «Etzelgut». 1967 auf dem Areal der früheren Villa Klein an der Etzelstrasse 14 erbaut, musste diese klassische Moderne bereits als «Tertianum Etzelgut» 2015 einem noch moderneren Neubau weichen. Man lerne: Der Lebenszyklus eines Altersheims im 20. und 21. Jh. scheint auf knapp 50 Jahre beschränkt zu sein.
Altersheim Etzelgut. Neues Bauen 1967, abgerissen 2016.
Verlag Beringer und Pampaluchi. Sammlung MZ. Gelaufen am 1.2.1977.
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