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AutorenbildUrsula Hänni

CHALET IM GLARNERLAND

Beim Räumen des grosselterlichen Estrichs in Wollishofen ist mir eine interessante Etikette in die Hände gefallen.

Sie stammt aus einer Zeit, in welcher es sowohl in Wollishofen als auch in Diesbach-Betschwanden (GL) noch bediente Bahnstationen gab. Die Geschichte dieser Etikette birgt interessante Hintergründe!


Das Glarnerland war und ist ein beliebtes Ferienziel für Wollishoferinnen und Wollishofer: Braunwald und Elm sind per ÖV bestens erschlossen und zudem ideale Ski- und Wanderferienorte für Familien und andere, die gerne in der Nähe und doch in den Bergen Ferien machen.


Foto UH, Nov. 2021


Als Feriendestination wurde der Kanton Glarus schon früh rege beworben, eine schöne Übersicht über viele Glarner Plakatsujets ab dem späten 19. Jahrhundert ist hier zu finden. Offenbar fanden die Glarner Tourismuskampagnen in Zürich und damit auch in Wollishofen Anklang:

Mein Grossonkel gehörte mit seiner Familie zur Gruppe der Wollishofer «Touristen» im Kanton Glarus, er kaufte in den 1950er Jahren ein Chalet auf der sogenannten "Orenplatte":

Diese ist ein Plateau hoch über dem Tal, um 1943 waren dort ein Berghotel und 1953 fünf Chalets erbaut worden. Die Anreise erfolgte mittels privater Seilbahn des Hoteliers, welcher zusätzlich im Tal ein Gasthaus führte.

Anreisen konnte man per Bahn ab Zürich-Wollishofen, von Bahnhof Diesbach-Betschwanden aus ging es in die Höhe. Die Anreise war aber auch über Braunwald möglich, mit der Standseilbahn ab Linthal und dann zu Fuss rund 45min. Dieser Weg musste später von allen benützt werden, als die Seilbahn nur noch für Gepäck zugelassen war: Die Orenplatte-Bahn («Konservendose am Seil») musste nämlich anfangs 1960er Jahren für den Personenverkehr stillgelegt werden, da der Besitzer die entsprechende Konzession nicht mehr erhalten hatte. Ich vermute, dass die Koffer-Etikette aus dieser Zeit stammt.


Postkartenfotos Orenplatte mit freundlicher Erlaubnis von skilift-nostalgie.ch


Die Teil-Stilllegung der Bahn war aber gleichzeitig der Beginn vom Ende: Das Hotel wurde zuerst nur noch als Berggasthaus für Wanderer betrieben, später aber geschlossen und der Bahnbetrieb ganz eingestellt; die Stromversorgung fiel mit Abstellen und Abbruch der Bahn weg, das Gasthaus wurde von Vandalen und Feuer heimgesucht und in den 1990er Jahren durch den Zivilschutz definitiv abgebrochen.

Die Chalets blieben aber bestehen und werden bis heute als Ferienhäuser rege genutzt – dank Sonnenenergie und Holzfeuerungen: Bereits kurz nach dem Abstellen der Bahn konnten meine Eltern (Stadtzürcherin und Glarner!) das Chalet des Onkels benützen und später kaufen, daher habe ich sehr viele Ferientage meiner Kindheit dort verbracht.


Und tatsächlich:

Vor wenigen Jahren ist mir auch dort – erneut beim Räumen - ein Wollishofer Artikel in die Hände gefallen!

Dieses Hemd (vgl. Blog WÖSCHI) hat meinen Wollishofer Vorfahren gehört; es hat in den rund 60 Jahren Estrichlagerung auf der «Orenplatte» zwar arg gelitten, zeigt aber ehemalige «Grandezza»: Ein weisses gebügeltes Hemd ist heutzutage selten zu sehen bei Touristen auf der Glarner Sonnenterrasse!



Foto UH, Juli 2017


Beurteilen kann ich dies, weil wir inzwischen ein Ferienhaus im Dorf Braunwald unser Eigen nennen - zu Fuss nur 20 min weit entfernt. Die Geschichte der Orenplatte bleibt daher nahe und faszinierend – Überreste von damals sind noch sichtbar und können zudem mittels Geocache (Schatzsuche mit GPS) erkundet werden.


Wer schon lange nicht mehr oder noch nie dort war: Braunwald ist bei viel und wenig Schnee ein attraktiver Ausflugs- und Ferienort: Skifahrerinnen und Wanderer schätzen die ausgezeichneten ÖV-Verbindungen zum autofreien Dorf hoch über dem Alltag!


Foto UH, Jan. 2023

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