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KEGLE SANFT

Aktualisiert: vor 10 Minuten

Kegle sanft und sei kein Flegel – sonst verdirbst Du Bahn und Kegel! Das Keglermotto schlechthin dürfte auch in Wollishofen häufig verwendet worden sein. Denn eine Bahn ist kostbar, eine gute Bahn unbezahlbar! Und wie leicht wird eine solche von Flegeln mit der rollenden Kugel beschädigt!


Ein Blick ins unendliche Bildreservoir des Baugeschichtlichen Archivs zeigt: Auch Wollishofen war einst ein Eldorado für Kegler, Kegeln war offensichtlich ein Wollishofer Volkssport. Denn öffentliche Kegelbahnen gab es mindestens an fünf Orten:

  • bei der Dampfschwalbenstation (bei Wirt Weber, bis zum Neubau des Bades Wollishofen 1937)

  • im Muggenbühl (bis heute)

  • im Garten des Freihofs an der Widmerstrasse (den Freihof gab's seit 1900)

  • im Hirschen (seit dem Saalbau 1880er Jahren bis in die 1950er Jahre)

  • in der Kleinen Tonhalle (etwa 1931 bei Wirt Johann Kirchhofer):


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Restaurant Kleine Tonhalle mit Kegelbahn. 1931. BAZ.


Natürlich war das nicht immer so. Im Alten Zürich waren Spiele der Obrigkeit stets suspekt. Im Wirtshaus war das Spielen gar verboten – auch wenn man den Eindruck bekommt, es sei nicht gelungen, das Spiel zu eliminieren. Und wenn es in den Texten, in Mandaten und Urteilen, ums Spielen geht, dürfte fast immer das Kartenspiel gemeint gewesen sein. Eine spezielle Einrichtung für ein Gesellschaftsspiel wie eine Kegelbahn dauernd irgendwo einzurichten, dafür wären die Pfarrer und Vögte nicht zu haben gewesen. Also setzte die Bewegung fürs Kegeln mit grosser Wahrscheinlichkeit erst im frühen 19. Jahrhundert ein. Der Höhepunkt dürfte zwischen 1880 und 1930 erreicht worden sein, nach dem 2. Weltkrieg nahm die Begeisterung wohl wieder etwas ab.


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(ehem.) Kegelbahn am See (Seestrasse 451). 1938. Foto: Heinrich Weber-Dressler. BAZ.


Die Kegelbahn im Garten des Freihofs ist auf keinem bisher vorliegenden Foto gut sichtbar, erhalten ist aber der Eintrag im Lagerbuch der Gebäudeversicherung:

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Brandassekuranzeintrag für 1 Kegelbahngebäude, versichert für 3'500 Franken, zugehörig an die Kilchbergstrasse 100 (Brandassekuranznummer 117). Im StAZH.


Der Hirschen war als Unterhaltungsort polyfunktional. Nach einer letzten Renovation 1958 wurde die Wiedereröffnung gefeiert und in der NZZ darüber berichtet. Es heisst dort: «Hier sieht man sie abends beim Zeitunglesen, Briefeschreiben und bei endlosem Diskutieren, und im Nebenraum bieten ihnen eine Kegelbahn und ein Ping-Pong andere Zerstreuungsmöglichkeiten.» Im 20. Jahrhundert kam also noch ein Ping-Pong-Tisch dazu. Ein Billiardtisch hingegen scheint es in Wollishofen während der letzten Jahrzehnte nicht gegeben zu haben.


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Gasthof Hirschen mit Saalanbau (und Kegelbahnen). Um 1955. Beringer und Pampaluchi. Sammlung MZ.


Und wie ist es heute? Alle diese Herrlichkeiten kamen zu einem Ende. Der Blick zurück ist also nostalgisch! Einzig das Muggenbühl bietet heute noch eine Kegelbahn im Quartier an, alle anderen sind verschwunden, wurden für Neubauten abgerissen oder einfach nicht mehr (genügend) nachgefragt.


Einmal mehr: Tempi passati!



Sebastian Brändli



PS

Was unterscheidet den echten Wollishofer vom Zugezogenen? Der echte kennt ALLE Kegelbahnen. Und so habe ich inzwischen zwei Ergänzungen erhalten. Die eine nennt die einst sportliche Einrichtung im Sihltal, zugehörig zum Restaurant Höcklerbrücke. Die andere bringt einen zentralen Ort mit zwei Bahnen: im alten Restaurant Bahnhof Wollishofen, abgetragen 2013. Und noch dies: Ein weiterer «Echt-Wollishofer» bringt mir die Ergänzung, dass im ehemaligen «Freieck», in den Räumen der heutigen Raiffeisen-Filiale, einst ein Billardtisch stand! – Vielen herzlichen Dank den aufmerksamen und ortskundigen Lesern!


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Restaurant Bahnhof, 2010, kurz vor dem Abriss. Foto: Hanspeter Dudli. BAZ.

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