«Kirche» hiess bis vor kurzem im zwinglianischen Zürich: reformiert! Mit dem Bundesstaat (und der Niederlassungsfreiheit) kamen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Katholiken nach Zürich – aus der Innerschweiz und Graubünden, mit den grossen Infrastrukturprojekten aber auch von Italien. Damit wurde «Kirche» breiter. Auch unsere jüdischen Mitbürger erfuhren in den ersten Jahren des Bundesstaates rechtliche Gleichstellung. Und heute ist die Religionspluralität nochmals gewachsen, indem christliche Freikirchen, Vertreter anderer Weltreligionen und auch die Konfessionslosen Religionsfreiheit für sich in Anspruch nehmen.
In Wollishofen kann ein Teil dieser Entwicklung durch Bauten und Erinnerungen nachvollzogen werden. Insbesondere gibt es mehrere Kirchen und religiöse Gebäude: Die Evangelisch-reformierte Landeskirche verfügt über zwei Gotteshäuser, die bereits in einem Blog behandelt wurden (Blog: Alte Kirche Wollishofen). Daneben gibt es die Römisch-katholische Kirche St. Franziskus, die Wesley-Kapelle (Methodisten) sowie jüdische Gebetsmöglichkeiten.
Die Alte Kirche Wollishofen wurde im Jahr 1702 als eigenes Bethaus für das nach Kilchberg kirchengenössige Wollishofen erbaut. 1764 entstand der Vorbau an der Westseite und 1787 der neue Glockenstuhl. Nach verschiedenen Umbauten und Restaurierungen wurde die Kirche 1968 unter Denkmalschutz gestellt. – Die Neue Kirche Wollishofen (auch: Kirche auf der Egg) wurde in den Jahren 1935–1936 nach Plänen der Architekten Walter Henauer (1880–1975) und Ernst Witschi (1881–1959) erbaut. Die Kirche liegt in Nord-Süd-Richtung erhöht auf dem Moränenzug Egg und ist weit herum sichtbar. Weil die Kirche für die heutige Kirchgemeinde überdimensioniert ist, wurde im Jahr 2012 ein öffentlicher Ideenwettbewerb für eine eventuelle Umnutzung durchgeführt. In den Jahren 2014 bis 2018 war dort das Projekt KunstKlangKirche beheimatet.
Protestantische Kirche Wollishofen. Verlag E. Furter.
Sammlung MZ. Gelaufen am 26.9.1977.
Heiliger Franziskus
Die Katholiken Wollishofens mussten längere Zeit auf eine passende Kirche warten. Ende des 19. und im beginnenden 20. Jahrhundert behalfen sie sich teils mit wenig erbaulichen Provisorien – die teils aber immerhin noch ein Sujet für eine Postkarte boten – eine «Bettelbrief-Postkarte»:
Katholische Kapelle Wollishofen. Pfarrei St. Franziskus. Um 1910. Sammlung MZ.
Die Römisch-katholische Kirche ist in Wollishofen mit der Kirchgemeinde St. Franziskus vertreten. Vor dem Bau der eigenen Kirche beim Morgental behalfen sich die Katholiken mit Provisorien, so etwa mit dem pavillonartigen Anbau an der Ziegelstrasse.
Die heutige Kirche St. Franziskus wurde in den Jahren 1927–1928 durch den Architekten Joseph Steiner von Schwyz erbaut. Die Kirche ist eine neoromanische Basilika mit rundem Kirchturm. Mit der auffallenden Farbgebung und der an byzantinische Architektur erinnernden Rundum-Zwerggalerie (Glockenstuhl) hat auch diese Kirche das Zeug zum Wahrzeichen Wollishofens. Kirchenpatron ist übrigens der heilige Franz von Assisi, der mit den Tieren gesprochen haben soll.
Katholische Kirche St. Franziskus in Wollishofen. Foto SB (22. Februar 2021).
Jüdische Gebetsräume
Für die jüdischen Wollishofer ist die Existenz eines ihrem Wohnort nahe gelegenen Gebetsraums wichtig. Am Sabbat soll dieser zu Fuss erreichbar sein. Schon in den frühen 1970er Jahren fanden sich die nach jüdischem Brauch notwendigen zehn Gläubigen zusammen, um eine Gebetsgemeinschaft zu gründen. Der erste Wollishofer Gebetsraum konnte im damaligen Neubau des Studentenwohnheims an der Tannenrauchstrasse eingerichtet werden. Seither ist die jüdische Gemeinschaft in Wollishofen gewachsen, weshalb man einen grösseren Gebetsraum im Quartier benötigte. Dieser konnte noch in den späten 1970er gefunden und bezogen werden. In einem jüdischen Gebetshaus befinden sich von Hand auf Pergament geschriebene Thora-Rollen. Eine solche wurde 2011 für den Gebetsraum Wollishofen gespendet – was auch im «Zürich 2» vermerkt wurde: Hier eine private Fotoerinnerung an die feierliche Einbringung und die Festlichkeiten.
Prozession für die Schenkung einer Thora-Rolle für den Wollishofer Gebetsraum. 2011.
Foto: zur Verfügung gestellt.
Wesley-Kapelle
Auch Freikirchen gibt es in Wollishofen, und zwar die Evangelisch-methodistische Kirche mit der Wesley-Kapelle. John Wesley, 1703–1791, war der Gründer der methodistischen Kirche. Die Architektur benutzt Formen der Neoromanik ebenso wie des Heimatstils. Ins Gebäude integriert sind zudem ein Wohnhaus sowie eine Kapelle. Letztere mit polygonalem Turmerker. Erbaut wurde die Wesley-Kapelle 1911 vom Architekten Albert Brändli, 1876–1941, Burgdorf. Seit 1998 unter Denkmalschutz.
Methodistenkirche Wollishofen. Fotograf unbekannt. Sammlung MZ.
Gelaufen am 18.8.1921.
(SB)
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