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ÜBER WOLLISHOFEN

«Über den Wolken, muss die Freiheit grenzenlos sein», sang Reinhard Mey. Natürlich stellt sich die Frage, ob die Freiheit bei wolkenlosem Himmel kleiner oder grösser werde.


Ein Zeppelin überflog Zürich erstmals am 1. Juli 1908 – ein denkwürdiges Ereignis, über das ausgiebig berichtet wurde.


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Zeppelin über Zürich am 1. Juli 1908. Foto: J. Meiner. Zürcher Chronik 4.7.1908.




Kurz darauf kam auch Wollishofen erstmals in direkt Berührung mit Luftschiffen, indem eine Konkurrenz Zeppelins, die «Ville de Lucerne», am 30. September 1910 von Luzern nach Zürich flog, aber auf der Allmend Wollishofen zwischenlanden musste – das Gas war ausgegangen: Die Technologie des Luzerner Modells war offenbar noch nicht ausgereift. Immerhin konnte 1929 der echte Zeppelin bei einem Überflug von Wollishofen fotografisch erhascht werden. Luftschiffe (die doch schwerer sind als Luft!!) waren der Hype jener Jahre. Und Zeppelin blieb ein aussergewöhnliches Ereignis, zog die Menschen in seinen Bann, und bedeutete grenzenlose Freiheit – spätestens bis zum grossen Unglück von 1937.


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Zeppelin über Wollishofen. 1929. Baugeschichtliches Archiv Zürich.


Ein gutes Gefühl hatte wohl auch der Pilot des Junkerflugzeugs, das Walter Mittelholzer 1925 über Wollishofen entdeckt und erhascht hat!


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Junkerflugzeug über Wollishofen. Walter Mittelholzer, 1925. ETH-Bibliothek.


Fotos von oben


Auf dem Foto Mittelholzers ist Wollishofen aus der Luft gut erkennbar: Das Ufer entlang (von links) der Roten Fabrik und den Greppi-Häusern, sodann die Wöschi und die Hamol-Fabrik und das Ufer bis zum Horn. Dazu landeinwärts das Hans Asper Schulhaus (inklusive Turnhalle), die beginnende Bebauung des Morgentals sowie das Oberdorf mit einigen urbanen neuen Wohnbauten. Schliesslich gegen das Sihltal hin, auf der Höhe der Frohalp: das Waisenhaus und die Blinden- und Taubstummenanstalt.


Von Wollishofen gibt es zahlreiche Luftaufnahmen, bekannt ist vor allem Mittelholzers Aufnahme vom See her, mit der er 1919 das Areal bei der Roten Fabrik und am Bach ins Visier nahm. Es faszinierte ihn sicher der gewaltige industrielle Uferbereich, der sich 1919 noch in Expansion befand. Dahinter liegt – fast etwas deplaziert – das einstige Bauerndorf Wollishofen, das sich allerdings auch in einer inneren Intensivierungsphase städtischen Bauens befand. Heute sind die Gewichte diesbezüglich anders gewichtet.


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Wollishofen um 1919, Walter Mittelholzer, ETH-Bibliothek.


Und noch eine schöne Aufnahme vom Üetliberg herunter


Es gibt auch einige schöne Aufnahmen vom Üetliberg herunter. Hier zeigen wir eine, die vom Höckler aus von den Gebrüdern Wehrli aufgenommen sein dürfte (um 1910).


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Wollishofen, wohl vom Höckler herab, um 1910. Gebr. Wehrli. e-manuscripta.


Die Entzifferung und Identifikation einzelner erkennbarer Gebäude überlasse ich gerne den Leserinnen und Lesern. Eine Vergrösserung der Fotografie ist im Internet auf e-manuscripta möglich. Nur ein Hinweis soll genügen: Im Zentrum des Bildes, gleich oben am obersten Ast des Baumes im Vordergrund, steht der 1899 errichtete Neubau am Morgental, Mutschellenstrasse 197, mit dem legendären Restaurant Freieck, links davon geht die noch weitgehend jungfräuliche Etzelstrasse als Sandtrassee mit Schwung nach links ab.


Eine letzte Aufnahme ist eine unserer Lieblingsaufnahmen: Wollishofen aus der Luft anfangs der 1950er Jahre, ebenfalls von der Firma Wehrli, aber 40 Jahre nach dem obigen Bild ...


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Flugaufnahme Wollishofen um 1954. Photoglob Wehrli. Sammlung MZ. Gelaufen 4.7.1956.


Auch hier ist das Morgental zu sehen – ganz knapp am linken Rand das Freieck. Dann bestehen bereits die drei Kirchen – die Alte, die neue reformierte und St. Franziskus. Das grosse, massige Hans-Asper-Schulhaus ist leicht zu finden – der Sportplatz daneben ist noch ohne Aschenbahn (also vor 1958), die Schwyzerhüsli-Siedlung (Kilchbergstrasse 56-74) steht noch nicht (also sogar vor 1956), aber das Lee-Schulhaus steht schon (also nach 1952).


Ansonsten nimmt man aus der Luft einfach gerne und mit Freude zur Kenntnis, wie vielfältig und mit Gärten und Grünflächen reich gesegnet Wollishofen vor 70 Jahren war. Hoffen wir, dass das bleibt.




Sebastian Brändli

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