top of page
AutorenbildSebastian Brändli

BAUMEISTERHÄUSER

Aktualisiert: 17. Apr. 2023

Baumeisterhäuser* gehören zu Wollishofen!


Baumeisterhäuser nennt man eine Gruppe von meist dreistöckigen Häusern, die gegen Ende des 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert von «Baumeistern», meist ohne Architekten, in einfacher Funktionalität und nach einem bestimmten Schema – mit der charakteristischen Mansarde – errichtet wurden. Meistens handelt es sich um Arbeiter- und Handwerkerhäuser, auch um ganze Siedlungen, in Zürich etwa in Aussersihl, aber auch in wohlhabenderen Quartieren wie Hottingen («Actienbauverein») oder in der Enge. Und eben: Baumeisterhäuser gibt es auch in Wollishofen. Und sie zeugen in ihrer Eigenständigkeit und leichten Erkennbarkeit von einer Zeit, in der Wollishofen auch architektonisch zur Stadt kam.


Einfach, zweistöckig mit Dachmansarde als Terasse. Baumeisterhaus Seestrasse 285.

Foto SB (27.2.2022)


Die frühesten Baumeisterhäuser in Zürich dürften zur Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet worden sein. Ein frühes Beispiel in Wollishofen ist Seestrasse 285, sozusagen am Kopf der Häuserzeile am Gässli gelegen, vom Bauherrn Jacob Bühler-Trachsler an der damals neu gezogenen Seestrasse errichtet. Baujahr: 1880. Ein einfaches Objekt, ohne Bauschmuck, mit einfachem Rechteck als Grundriss, aber – wie üblich – sehr symmetrisch!


Ebenfalls ein frühes Baumeisterhaus dürfte Kilchbergstrasse 14 sein, vis-à-vis des Restaurants Bürgli. Speziell ist allerdings der Bauschmuck, der auf eine gewisse Hablichkeit des Bauherrn schliessen lässt. Anfangs des 20. Jahrhundert wohnte hier Alt Bäckermeister Baumann, der für den Fotografen der Zürcher Chronik mit Kindern des Quartiers posierte:


Kilchberstrasse 14: Besitzer J. J. Baumann, alt Bäckermeister. Zürcher Chronik 1906.


Kilchbergstrasse 14 heute (vis-a-vis Kirche/Bürgli) Foto SB (6.3.2022).


Baumeisterhäuser als Ensemble


Bisher haben wir Baumeisterhäuser, die allein stehen, betrachtet. Diese Art von Häusern wurde allerdings in einer Zeit starken Bevölkerungswachstums errichtet, weshalb es auch kleine oder grössere Quartiere gibt, die fast ausschliesslich diesem Bautyp verpflichtet sind. In Wollishofen gibt es vor allem zwei solche Ensembles, das eine säumt die Seestrasse und gehört zum Bahnhofsquartier (vgl. BLOG Bahnhofsviertel), das andere befindet sich bei der alten Kirche, heute Simmlersteig (vgl. BLOG Dannerauch).


Drei Baumeisterhäuser an der Seestrasse (320, 324, 328). 1979.

Baugeschichtliches Archiv Zürich.


Die vier Baumeisterhäuser an der Seestrasse 330, 328, 324 und 320 sind dem Ausbau der Seestrasse (als Umfahrung des Haumessers) geschuldet. Sie bilden eine historisch wichtige Achse, die der sonst eher tristen Bebauung der Seestrasse etwas Farbe geben.


Ebenfalls als kleines Baumeister-Quartier entpuppt sich der obere Simmlersteig, die Häuser Simmlersteig 16, 17 und 18 wurden allerdings als Teil der damaligen Tannenrauchstrasse um 1895 erbaut.


Bedroht: Baumeisterhaus Simmlersteig 16. Foto SB (29.10.2021).


Baupläne von Simmlersteig 18, 1894. Privatbesitz.


Vom Gebäude Simmlersteig 18 sind die Baupläne aus dem Jahr 1894 erhalten. Darauf verzeichnet ist der Bauherr, J. Leuthold**, Sigrist in Wollishofen, und sie zeigen auch den Willen zur Symmetrie, den Geschmack an allerlei baulicher Zierart und die Ausmasse des dreistöckigen Hauses mit Keller.


Auch die Liegenschaften Mutschellenstrasse 126 und 146, auf die schon im BLOG Mutschelle hingewiesen wurde, können als Baumeisterhäuser klassiert werden.


Baumeisterhaus Widmerstrasse 51. Foto SB (27.2.2022).


Und auch das Haus Widmerstrasse 51 ist Teil einer Gruppe, wenn auch einer Minigruppe, denn Widmerstrasse 53 ist auch ein Baumeisterhaus.


Vierstöckig! Kilchbergstrasse 79. Foto SB (25.1.2021)


Nochmals ein Solitär, aber ein besonders wuchtiger und schöner: das vierstöckige Baumeisterhaus an der Kilchbergstrasse 79!



Nachtrag aus aktuellem Anlass


Manchmal holt einen die Aktualität (leider) ein:

Simmlersteig 16 im Abriss. Aufgenommen am 5. Dezember 2022. Foto in Privatbesitz.



(SB)

 

* Es gibt eine schöne Broschüre, 2011 vom Baugeschichtlichen Archiv herausgegeben: Zürcher Baumeisterhäuser: Zeugen einer wachsenden Stadt: verkannte Architektur aus dem 19. Jahrhundert.

** Jakob Leuthold war wohl Bauherr auch von Simmlersteig 17, 1899 besass er diese Liegenschaft und wohnte auch darin (damals allerdings noch Tannerauchstrasse 4). 1902 gehörte das Haus dann Jakob Leuthold, Steuerbezüger, wohnhaft im Seefeld. Ob der Sigrist zum Steuerbezüger wurde, oder ob die beiden Jakobs Vater und Sohn waren, konnte bisher nicht eruiert werden. Offen bleibt so auch die Frage, wie der Bau der Häuser finanziert werden konnte.




Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comentarios


Wollishofen

Hof des Wolo - Obervogtei - selbständige Gemeinde - Zürcher Stadtquartier

bottom of page